Der TFV setzt seine Reihe über die Schiedsrichter im Land fort. Bereits am 4. Januar wurde mit Ralf Schwethelm vom SV Schwarz-Rot Wingerode ein weiterer Schiedsrichter aus unserem KFA vorgestellt. Viel Spaß beim Lesen!
Heute (11): Ralf Schwethelm – ruhig und ausgeglichen auch in hektischen Situationen
Sandy Hoffmann, Mitglied des Verbandsschiedsrichterausschusses (VSA) des Thüringer Fußball-Verbandes (TFV) und hier als Nachfolger von Peter Weise für die „Rennsteiger“ verantwortlich, bezeichnet Ralf Schwethelm als „ruhigen Beamten“. Dabei besitzt der 30-Jährige aus dem Fußballkreis Eichsfeld-Unstrut-Hainich gar nicht den Beamtenstatus. Er arbeitet vielmehr als Betriebswirt bei der Eichsfeldwerke GmbH. Dazu hat sich der gelernte Industriekaufmann nach dem Abitur 2008 als Stipendiat im Abendstudium in Göttingen qualifiziert. Die Industrie- und Handwerkskammer (IHK) ehrte ihn übrigens 2011 als „Besten Auszubildenden“.
Aber natürlich weiß jeder, was der Südthüringer Funktionär mit dem geflügelten Wort gemeint hat. Auch der so Charakterisierte sieht sich selbst nicht anders. „Ich bin ruhig, ausgeglichen und behalte auch dann, wenn es auf dem Spielfeld mal hektisch wird, den Überblick. Das habe ich mir über viele Jahre angeeignet“, beantwortet er die obligatorische Frage des Pressesprechers nach seinen Stärken als Schiedsrichter und ergänzt, „ich habe einen guten Fitnesszustand und bin nach den Spielen selbst mein größter Kritiker. Eigentlich bin ich nie zufrieden mit mir und versuche immer wieder, mich zu verbessern.“
Ralf Schwethelm ist einer der Schiedsrichter, der keinen Anstoß aus seinem Heimatverein brauchte, um diese Richtung einzuschlagen. Er habe mit 14 und 15 Jahren selbst bei Schwarz-Rot Wingerode Spiele der D- und E-Junioren gepfiffen und an der Sache Spaß gefunden. Da zu seinen Klassenkameradinnen am Heiligenstädter Gymnasium eine Schiedsrichterin gehörte und auch das eigene fußballerische Talent nicht das größte gewesen sei, meldete er sich im Frühjahr 2006 für eine Ausbildung an. Die leitete damals mit Jürgen Backhaus einer der Spitzenreferees im TFV. Backhaus pfiff auch überregional, bildete rund 700 Schiedsrichter aus und traute in einem Zeitungsartikel (17.08.13) vom leider viel zu früh verstorbenen Jochen Scheerbaum, in dem er für seine Wahl zum „Schiedsrichter des Jahres“ im Kreis gewürdigt wurde, vor allem Ralf Schwethelm viel zu.
Backhaus sollte Recht behalten, auch wenn es zwei Situationen gab, die fast das Ende der Schiedsrichterkarriere des Mannes aus Wingerode bedeutet hätten. Als ihn nach einem B-Junioren-Spiel, seinem dritten als Unparteiischer, ein Trainer nach einer Gelb-Roten Karte für einen Spieler minutenlang in der Kabine anbrüllte, spielte Schwethelm schon mit dem Gedanken, die Pfeife wieder wegzulegen. Dass er es doch nicht tat, hängt auch mit den Menschen zusammen, die ihn begleiteten, unterstützten und Erfahrungen vermittelten. Ralf Schwethelm nennt die Namen von Jürgen Backhaus, Lothar Kruse, mit dem er häufig als Assistent zu Landesligaspielen reiste, sowie aus dem Kreis Karl-Josef Schäfer und Helmut Schindler.
Schwethelm überzeugte durch seine Art, Spiele zu leiten und bestätigte damit die Prognose von Jürgen Backhaus. Der permanente Aufstieg war die logische Konsequenz: Nachwuchs (April 2006), 1. und 2. Kreisklasse (2007), Kreisliga (2007/08), Bezirksliga (2008/09), Landesklasse (2010/11) und schließlich Landes – bzw. Verbandsliga (2017/18).
Dass der Schritt von der zweithöchsten in die höchste Spielklasse des Landes relativ lange dauerte, hängt mit der schon avisierten zweiten Situation zusammen. Schwethelm zog sich eine Knieverletzung, die höllische Schmerzen verursachte, zu. „Sie warf mich von 2012 bis 2014, von einigen Assistenteneinsätzen abgesehen, aus der Bahn“, erinnert er sich. Doch der jetzige Thüringenliga-Schiedsrichter kämpfte sich zurück und betreibt seitdem auf der Grundlage eines Programms einer Physiotherapeutin zwei Mal pro Woche 30 Minuten lang eine ganz persönliche Reha mit Stabilisierungs -, Dehnungs – und Kräftigungsübungen. Er sei seitdem beschwerdefrei, sagt er.
Mit ganz großen Highlight-Spielen kann Ralf Schwethelm nicht dienen. Gern erinnert er sich aber an das Freundschaftsspiel zwischen dem SC Leinefelde 1912 und Dynamo Dresden. Natürlich weiß er noch, wie das erste Spiel in der Thüringer Eliteliga lautete. Es war die Partie Wacker Gotha gegen Eintracht Eisenberg (1:1) am 16. September 2017. Seine persönliche Bilanz als Schiedsrichter und Mann an der Linie steht bei ca. 750 Spielen.
Ob er denn noch höhere Ziele als Schiedsrichter anstrebe, will der Autor wie von allen anderen gern wissen. Die Antwort von Ralf Schwethelm: „Ich pfeife in der höchsten Klasse des TFV und bin relativ zufrieden. Denn das hatte ich mir zu Beginn meiner Laufbahn selbst vorgenommen. Wenn ich noch aufsteigen sollte, sage ich nicht nein, aber ich muss nicht höher. Wichtig ist vielmehr, die jetzige Klasse zu halten.“
Sandy Hoffmann, an jedem 16. 09. 17 Beobachter, hat dazu auch eine Meinung: „Zunächst einmal hat Ralf geduldig auf seine Chance gewartet, in die Verbandsliga zu kommen. Aber der Zug in die Oberliga ist für ihn keineswegs abgefahren, Natürlich braucht er neben dem Können dafür etwas Glück, zumal die Oberliga ja als Sprungbrett für junge, talentierte Schiedsrichter dienen soll.“
Schwethelm, noch Single, kann sich über mangelnde Beschäftigung in seiner Freizeit nicht beklagen. Neben der Schiedsrichterei leistet er als Lehrwart seit 2012 im Kreis-Fußballausschuss (KFA) Eichsfeld-Unstrut-Hainich eine weitere zeitaufwendige ehrenamtliche Arbeit. Gerade jungen Leuten macht er bei Ausbildungslehrgängen deutlich, was einem die Tätigkeit als Schiedsrichter für die Persönlichkeitsentwicklung bringt. Man stärkt den Charakter, muss schnell entscheiden und kann sich bei Diskussionen mit Trainern und Spielern auf die unterschiedlichsten Typen einstellen, nennt er einige positive Faktoren für das eigene Leben. Sein Fazit: „Die vielfältige Arbeit im Kreisschiedsrichter-Ausschuss (KSA) macht mir Spaß und bereitet viel Freude. Auch, weil wir uns im KSA sehr gut verstehen.“
Der Corona-Pandemie gewinnt er wie alle bislang Porträtierten neben allen Unwägbarkeiten auch Positives ab. „Man verfügt über mehr Zeit für Privates und auch für das eine oder andere Hobby.“ So hat Ralf Schwethelm schon im Frühjahr das Mountainbiking für sich entdeckt.“ Aber natürlich wartet auch er darauf, wann er wieder mit der ihm eigenen Ruhe Spiele in der Thüringenliga leiten kann.
Foto (H. Gerlach): Richard Lorenz, Georg Pfeifer, Sandy Hoffmann, Ralf Schwethelm und Martin Werner (v. l.) bei der Endrunde der Hallenlandesmeisterschaft am 11.02.17 in Waltershausen.
Wird fortgesetzt
Hartmut Gerlach